Polizeiliche Kriminalstatistik 2023
Fallzahlen steigen wie im Bundestrend, aber unsere Aufklärungsquote bleibt konstant hoch
Die Fallzahlen der Gesamtstraftaten in Mecklenburg-Vorpommern sind im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr mit 111.571 Fällen wie im gesamten Bundestrend angestiegen – um 4,7 Prozent im Vergleich zu 2022. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 liegt 2022 mit marginal 0,2 Prozent mehr Straftaten gleichauf.
„Erstmals seit 2019 sehen wir leider einen Anstieg in den Fallzahlen – dieser Trend herrscht bundesweit vor. Während die Pandemie für einen deutlichen Rückgang des Kriminalitätsgeschehens gesorgt hat, müssen wir nun wieder wachsamer sein.“, sagte Landesinnenminister Christian Pegel, der heute in Schwerin die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2023 vorstellte und ergänzte: „Die gute Arbeit unserer Landespolizei wird mit der gleichbleibend guten Aufklärungsquote von 62,8 Prozent unterstrichen, die einmal mehr über dem Bundesdurchschnitt liegt.“
Die auffälligsten Entwicklungen im Jahr 2023:
Deutlicher Rückgang bei Straftaten gegen das Leben
Ein erfreulicher Rückgang zeigt sich bei der Zahl der Straftaten gegen das Leben wie Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen und Fahrlässige Tötung von 55 auf 37 Fälle. Es wurden 2023 im Bereich Mord sieben Fälle registriert. Hinzu kommen vier vollendete Totschlagsdelikte und 12 Versuche eines Totschlags, zwölfmal fahrlässige Tötung und zwei Fälle von illegalem Schwangerschaftsabbruch. „Die Aufklärungsquote bei all diesen Straftaten konnte um fast fünf Prozentpunkte auf 86,5 Prozent gesteigert werden. Das bringt leider keinem der Opfer sein Leben zurück, aber die Polizei kann damit den Angehörigen in vielen Fällen Gewissheit über die Tat geben. Zudem zeigen wir den Täterinnen und Tätern – und auch potenziellen –, dass bei diesen schwersten Straftaten gegen das Leben fest damit gerechnet werden muss, gefasst und bestraft zu werden. Dies ist ein wichtiger Baustein in der Prävention von Straftaten.“, so Pegel.
Anstieg bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
Im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist ein Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen. „Von 1.916 im Jahr 2022 haben wir ein Plus von 190 Fälle im Jahr 2023 auf 2.106 erfasst. Der Anstieg setzt sich leider auch bei den jeweiligen Untergruppen in dieser Straftatengruppe fort“, erklärt Innenminister Pegel.
So sind in der gleichnamigen Untergruppe der „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“, zu welcher Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Belästigung, sexueller Missbrauch von Schutzbefohlen zählen, die erfassten Fälle um 206 Fälle auf 792 Straftaten angestiegen. Im Bereich des „Sexuellen Missbrauch“ liegt ein nahezu gleichbleibender Trend vor (2023: 445; plus 5), ebenso beim sexuellen Missbrauch von Kindern mit 320 Fällen (minus 1 Fall). Bei der Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung kinderpornographischer Inhalte ist eine gleichbleibende Entwicklung zu beobachten. „In diesem Bereich wurden 649 Fälle im Jahr 2023 erfasst – 2022 waren es 646. Gut 54 Prozent - also mehr als die Hälfte der Tatverdächtigen in diesem Bereich - sind unter 18 Jahren. Dies bestärkt die Landespolizei weiter in ihrer intensiven Präventionsarbeit in diesem Bereich. Wir müssen Kinder und Jugendliche aufklären und für solche Aufnahmen sensibilisieren. So etwas zu besitzen, ist nicht okay, und solche Aufnahmen weiterzusenden, erst recht nicht. Aber nicht nur die Kinder und Jugendlichen müssen wir erreichen, sondern auch Eltern. Daher richtet sich mein Appell auch an diese: Passen Sie auf, was sich Ihre Kinder anschauen und gegenseitig schicken. Klären Sie Ihre Kinder zu Hause auf, was richtig und was falsch ist – und vor allem vermitteln Sie, dass ein Hinweis auf eine solche Straftat oder wenn sich Ihre Kinder unwohl fühlen, kein Petzen ist oder sie dafür Ärger bekommen. Eine solche Reaktion ist vielmehr genau die richtige, um Täter zu demaskieren sowie zu fassen und mögliche Netzwerke aufzudecken“, sagt Christian Pegel.
Wenngleich die Fallzahlen in Bezug auf Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornografie in Mecklenburg-Vorpommern aktuell stagnieren, ist dennoch keine Entwarnung zu geben. Denn das Hinweisaufkommen an den Bund steigt nach wie vor. Diese Zahlen sind ganz überwiegend mit der Zunahme von Verdachtsmeldungen aus den USA zu erklären. US-Internetdienste wie Google, Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp), Snapchat, DropBox und Microsoft uvm. sind seit 2012 nach US-amerikanischem Recht verpflichtet, alle Dateien, die dort geteilt werden, auf Kinderpornografie zu prüfen und Verdachtsfälle an das National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC) zu melden. Sobald Hinweise auf deutsche Nutzer vorliegen, werden diese an das Bundeskriminalamt (BKA) weitergeleitet. Diese Meldungen steigen jährlich rapide an, waren es 2015 bundesweit noch 14.500 und 2020 55.660, so sind es allein im vergangenen Jahr 180.287 Hinweise, die nach Deutschland gemeldet wurden. „Dies stellt im Vergleich zum Jahr 2022 noch mal eine Steigerung von fast 50.000 Hinweise dar. Fast 1.000 von diesen Fällen wurden 2023 an unser Landeskriminalamt weitergeleitet“, führt Minister Pegel aus.
Häusliche Gewalt: „Melden Sie sich, wenn Sie betroffen sind“
Im Phänomenbereich der Häuslichen Gewalt setzt sich der seit Jahren steigende Trend auch 2023 weiter fort. Ende 2021 wurde dieser Phänomenbereich mit einer bundesweiten Definition, um so eine einheitliche statistische Erfassung zu ermöglichen, versehen. Häusliche Gewalt umfasst demnach nicht nur partnerschaftliche und ex-partnerschaftliche, sondern auch familiäre Gewalt. Voraussetzung ist aber, dass die Beteiligten im gemeinsamen Haushalt leben
Im vergangenen Jahr hat die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 2.098 Fälle Häuslicher Gewalt und damit eine Zunahme von 6,8 Prozent im Vergleich zu 2022 registriert. Das Phänomen ist überwiegend durch Körperverletzungsdelikte geprägt. Die Polizei registrierte 1.629 Körperverletzungen sowie neun Straftaten gegen das Leben, von denen alle Fälle vollendet wurden. 38,8 Prozent aller aufgeklärten Taten wurden unter Alkoholeinfluss begangen. „Wir müssen leider annehmen, dass das Dunkelfeld wesentlich höher ist. Noch immer trauen sich viele Opfer nicht, einen Fall von Häuslicher Gewalt anzuzeigen. Häusliche Gewalt ist keine Privatsache, sondern eine Straftat, die konsequent geahndet werden muss –melden Sie sich bitte, wenn Sie betroffen sind“, appelliert der Minister.
Gewalt gegen Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften angestiegen
Die Zahl der erfassten Fälle, bei denen Polizeibeamtinnen und -beamte im Dienst sowie gleichstehende Personen Opfer einer Straftat geworden sind, ist im Vergleich zum Vorjahr auf 1.014 Taten angestiegen. Zuwächse sind bei Widerstandsdelikten (plus 0,6 Prozent) und tätlichen Angriffen (plus 13 Prozent) zu verzeichnen. In 87,4 Prozent der Fälle waren die Opfer Polizeibeamtinnen und –beamte, im Vorjahr lag diese Zahl noch bei 92,1 Prozent.
Minister Christian Pegel: „Wir spüren bei uns im Land deutlich eine Zunahme von aggressivem Verhalten gegenüber Polizei, Feuerwehren und Rettungskräften. Dieses Verhalten ist durch nichts zu rechtfertigen. Es gefährdet sogar häufig noch Menschen, denen eigentlich dringend Hilfe zuteilwerden müsste. Jeder Angriff gegen Einsatzkräfte ist einer zu viel und darf nicht hingenommen werden. Es gibt auch keinerlei Rechtfertigungen für körperliche oder verbale Angriffe gegenüber Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamten. Wer mit polizeilichen Maßnahmen nicht einverstanden ist, dem steht der Rechtsweg offen. Wer sich Ressentiments gegenüber dem Staat oder seinen Institutionen hingibt, kann diese nicht auch noch mittels Gewalt auf Polizei, Feuerwehr oder Rettungskräften projizieren. Unsere Einsatzkräfte sind Bürger in Uniform, Mütter, Väter, Töchter und Söhne, die die Sicherheit und Ordnung in unserem Land gewährleisten und hierbei leider zu oft ihr eigenes Leben und ihre körperliche Unversehrtheit in Gefahr bringen müssen. Die Politik sowie die gesamte Gesellschaft sollten den Frauen und Männern daher für ihren Dienst mit Respekt begegnen und sich entschieden gegen Gewalt stellen.“
Weitere polizeilichen Entwicklungen im Jahr 2023
Auch bei den sogenannten Rohheitsdelikten und Straftaten gegen die persönliche Freiheit sind die Fälle 2023 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, von 18.336 auf 19.608 (plus 6,9 Prozent).
„In dieser Statistik bemerken wir allerdings noch die Auswirkungen einer Rechtsänderung im Jahr 2021: Zuvor war eine sogenannte Bedrohung strafbar bei Androhung einer Handlung, die ein Verbrechen darstellt. Jetzt gilt auch die Bedrohung mit einigen Vergehen, wie der sexuellen Selbstbestimmung, der körperlichen Unversehrtheit, der persönlichen Freiheit oder gegen Sachen von bedeutendem Wert als strafbar. Der Kreis der als Bedrohung erfassten Straftaten wurde damit erheblich erweitert. Dies zeigt auch der Anstieg polizeilich registriertet Bedrohungen von 4.365 auf 4.820 Fälle“, erläutert Pegel.
Gestiegen sei die auch Zahl der Körperverletzungen um 565 auf 11.941. „In 30 Prozent der aufgeklärten Körperverletzungen waren die Tatverdächtigen alkoholisiert, was – nicht nur hier – zeigt, dass Alkoholisierung in verschiedenen Straftatbereichen erhebliche Treiberfunktion hat“, so Pegel.
Gut ein Viertel der erfassten Straftaten mit Blick auf die Gesamtkriminalität findet sich in den sonstigen Straftatbeständen des Strafgesetzbuches wieder. Darunter zählt eine Vielzahl teils unterschiedlicher Tatbestände wie Erpressung, Hausfriedensbruch, Landfriedensbruch, Vortäuschen einer Straftat, „Strafvereitelung“, Hehlerei, Brandstiftung sowie Korruptions- und Amtsdelikte. In diesem Phänomenbereich sind die Fallzahlen insgesamt von 27.176 auf 28.844 (plus 6,1 Prozent) erfassten Fällen angestiegen.
Die Sprengung von Geldautomaten erreichte im vergangenen Jahr mit zwölf Fällen im Vergleich zu den Vorjahren einen neuen Höchstwert. Während Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2022 verschont wurde mit dieser Art von Fällen, ist der Anstieg nun deutlich zu spüren. „In zehn dieser Fälle erlangten die Täter sogar Beute. Bei elf Fällen wurde fester Explosivstoff, der sogenannte Blitz-Knall-Satz, eingesetzt. Das zeigt eine Strukturiertheit bei diesen Straftaten. Daher wurde auch eine Ermittlungsgruppe zur Aufklärung der Fälle beim Landeskriminalamt eingerichtet“, berichtet der Minister.
„Für eine erfolgreiche Prävention gegen diese speziellen, gegen Banken und deren Automaten gerichtete Straftaten kann nach Einschätzung der Polizei nur ein Maßnahmenmix helfen – besonders wichtig wäre, dass der Bundesgesetzgeber den Einsatz von Geldeinfärbesystemen, Verklebesystemen und Vernebelungssystemen gesetzlich vorschreibt, damit erbeutetes Geld unbrauchbar und damit diese Straftaten unattraktiv werden“, so der Innenminister. Die Niederlande seien mit genau diesen Maßnahmen wirksam gegen solche Straftaten vorgegangen.
Die Auswertung der Automatenstraftaten und deren Zahlen basieren jedoch auf Einzelauswertungen und sind daher nicht als statistische Daten erfasst.